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ERP-Anforderungsanalyse - als Bestandteil des ERP-Lastenhefts


Erstellt von Alexander Hartmann

Auf der Suche nach einem neuen ERP-System begeben sich viele Unternehmen meist direkt auf die Suche nach einer geeigneten Lösung ohne die spezifischen Anforderungen an diese Software und die bestehenden Prozesse genauer analysiert zu haben. Ohne dieses Wissen kann jedoch keine objektive Auswahl eines ERP-Systems vorgenommen werden. Im Ergebnis führt diese Vorgehensweise sehr häufig zu Problemen während der Umsetzung. Oftmals wird das geplante Budget überschritten oder neue, bisher unbekannte, Anforderungen bringen die Einführungsphase zum Stocken.

Zu Beginn eines ERP-Projekts sollte daher immer eine Anforderungsanalyse durchgeführt werden. Sie hilft dabei die Anforderungen Ihres Vorhabens konkret zu definieren, um darauf aufbauend den passenden Rahmen für Ihr Projekt festlegen zu können.

Damit Sie Ihr Projekt nicht aus dem Bauch heraus planen müssen, möchten wir Ihnen mit diesem Beitrag eine Anleitung an die Hand geben, mit welcher Sie und Ihre Unternehmung eigenständig eine Anforderungsanalyse durchführen können.




Was ist eine Anforderungsanalyse?

Eine Anforderungsanalyse wird häufig bei Software- und IT-Projekten angewendet. Es handelt sich hierbei um ein Dokument, welches primär alle Anforderungen an eine zukünftige ERP-Software beschreibt und oftmals den Hauptbestandteil eines ERP-Lastenhefts bildet. Dabei kommt es auf eine verständliche und präzise Formulierung der einzelnen Punkte an.
Im Rahmen der Erhebung werden die Anforderungen zudem auf technische und wirtschaftliche Machbarkeit bewertet. Auf dieser Grundlage kann anschließend eine objektive Auswahl eines ERP-Systems durchgeführt werden. 

Welche Arten von Anforderungen gibt es?

Bei der Aufnahme der Anforderungen sollten Sie zwischen funktionalen und nichtfunktionalen Anforderungen unterscheiden. 

Funktionale Anforderungen

Funktionale Anforderungen betreffen direkt die Software. Hierbei handelt es sich um Merkmale, Eigenschaften oder auch Funktionen. Was soll Ihr zukünftiges ERP-System leisten? 

Beispiele für funktionale Anforderungen

  • Bereich Produktion (Kapazitäts- und Ressourcenplanung, Produktionsplanung)

  • Bereich Einkauf (Bestellüberwachungen, Rahmenverträge, Lieferantenanalyse, Disposition)

  • Bereich Verkauf (von der Angebotserstellung bis zur Rechnungslegung, Verfügbarkeit und Lagerbestände)

  • Bereich Versand (Kommissionierung, Intrastat, Rücksendeverfolgung)

  • Bereich Fakturierung und Rechnungswesen (Datev und Elsterkonforme Schnittstellen, OP-Management und Mahnwesen, Liquiditätsplanung) 

  • u.v.m.

Nichtfunktionale Anforderungen

Nichtfunktionalen Anforderungen bauen auf den funktionalen Anforderungen auf und beschreiben, wie gut die Funktion erfüllt bzw. eine Leistung erbracht wird. Sie können auch als Rahmenbedingungen oder Qualitätseigenschaften eines Projekts verstanden werden.
 
Beispiele für nicht funktionale Anforderungen:

  • Performance 

  • Wartbarkeit (Sicherheitsupdates, modularer Aufbau, Mehrsprachigkeit)

  • Erweiterbarkeit / Anpassungsmöglichkeit (Zukunftsfähigkeit)

  • Sicherheit und Zugriff (DSGVO Konformität, Rechtesystem, Verschlüsselung, hohe Sicherheitsstandards)

  • Zuverlässigkeit und Betreuung (hohe Verfügbarkeit, Softwarewartung, Support, Erreichbarkeit) 

  • Usability (Unterstützung mobiler Endgeräte, Browserbasiert, Responsive Design)

  • Dokumentation

Funktionale Anforderungen legen fest, was die Software können soll. Nichtfunktionale Anforderungen spezifizieren, wie die Software etwas tun soll.

 

Warum sollte man eine Anforderungsanalyse durchführen?

Eine gut durchgeführte Anforderungsanalyse kann das Scheitern eines ERP-Projekts verhindern. Es ist eine Vorbeugungsmaßnahme, um das geplante Budget im Rahmen eines ERP-Projekts nicht zu überschreiten oder gar während der Einführungsphase auf Aspekte zu stoßen, welche sich nicht oder nur mit zusätzlichen Kosten umsetzen lassen. 

Die Anforderungsanalyse ist mit dem Bau eines Hauses zu vergleichen, sie bildet das Fundament auf welchem alle weiteren Elemente zum fertigen Eigenheim beziehungsweise zum neuen ERP-System basieren. Hierzu zählen unter anderem das Lasten- und Pflichtenheft, die Auswahl eines geeigneten ERP-Systems und -Anbieters sowie die daran anknüpfenden Vertragsgestaltungen. Würden Sie bei dem Fundament Ihres Hauses Kompromisse eingehen? Wahrscheinlich nicht. Bei der Durchführung einer Anforderungsanalyse hingegen wird häufig das Budget und der Aufwand knapp gehalten. Aber auch hier gilt: Fehler, die erst im Projekt entdeckt und nachträglich korrigiert werden müssen, sind deutlich aufwendiger und sind mit weiteren Kosten verbunden. Aus diesem Grund ist es wichtig, von Anfang an alle relevanten Anforderungen so detailliert wie möglich zu dokumentieren. 

Vorteile einer Anforderungsanalyse

Mit dem Ergebnis der Anforderungsanalyse verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihr Vorhaben und eine Basis, um die Ziele Ihres ERP-Projekts nicht aus den Augen zu verlieren. Mit der Einbeziehung aller relevanten Stakeholder von Beginn an erhöhen Sie die Akzeptanz in Ihrem Team und vermeiden die Implementierung unnötiger Features. Ebenso bietet sich die Gelegenheit, die Prozesse Ihrer Unternehmung im gleichen Schritt zu analysieren, um darüber weiteres Optimierungspotential zu identifizieren. Letztlich unterstützt die Anforderungsanalyse, als elementarer Bestandteil des ERP-Lastenhefts, bei der Auswahl eines geeigneten ERP-Anbieters.

Wie führt man eine Anforderungsanalyse durch?

Eine vorgeschriebene oder auch empfohlene Vorgehensweise zur Durchführung einer Anforderungsanalyse gibt es nicht. Die Ausgestaltung und Detailtiefe ist individuell nach den Bedürfnissen einer Unternehmung auszurichten. Wir möchten Ihnen mit den folgenden Informationen eine Orientierung geben, sodass Sie zumindest um die wichtigsten Aspekte einer Anforderungsanalyse wissen.

Identifikation der Stakeholder

Die unterschiedlichen Interessensgruppen an ein neues ERP-System sollten noch vor der Durchführung der Anforderungsanalyse identifiziert werden. Jeder Bereich Ihrer Unternehmung hat unterschiedliche Erwartungen und Anforderungen an eine neue ERP-Software. Denken Sie auch an Ihre IT und die strategische Ausrichtung Ihrer Unternehmung. Damit Ihre neue Unternehmenssoftware möglichst vielen Interessenten die tägliche Arbeit erleichtert, sollten Sie die identifizierten Stakeholder mit in die Analyse der Anforderungen einbeziehen. 

Durchführung einer Ist-Analyse der Prozesse

In Vorbereitung auf die Erhebung der Anforderungen an das neue ERP-System sollten Sie eine Ist-Analyse der bestehenden Prozesse durchführen. Diese Bestandsaufnahme sollte so ausführlich wie möglich vorgenommen werden, denn mit der Einführung eines neuen ERP-Systems sollen nicht nur neue Funktionen eingeführt, sondern auch die bestehenden Prozessabläufe optimiert werden. Die Kombination aus der Analyse der Anforderungen und der Analyse der Prozesse, liefert an dieser Stelle die besten Ergebnisse.

Mit Durchführung der Ist-Analyse finden Sie beispielsweise heraus, ob die gestellten Anforderungen überhaupt in der Praxis genutzt werden können. Darüber vermeiden Sie Anforderungen einzuführen, welche später im Arbeitsalltag keine Verwendung finden. Im Umkehrschluss lassen sich Anforderungen identifizieren, welche bisher noch nicht berücksichtigt wurden.

Die Prozessanalyse erfolgt in 4 Phasen:

  • Prozesse identifizieren

  • Prozesse aufnehmen

  • Prozesse visualisieren

  • Prozesse beschreiben

Anmerkung: In kleineren Unternehmen können die ersten drei Phasen auch in einem Schritt durchgeführt werden.

Optimierungspotential und Anforderungen herausarbeiten

Im Anschluss an die Bestandsaufnahme sollten Sie gemeinsam mit den zuvor identifizierten Stakeholdern die Prozesse im Hinblick auf Optimierungspotential besprechen. Ziel ist es, die funktionalen Anforderungen in Bezug auf eine neue ERP-Software herauszuarbeiten. Ebenso bietet sich an dieser Stelle aber auch eine gute Gelegenheit die Prozesse in Hinblick auf deren Effizienz kritisch zu hinterfragen. Achten Sie auf alle Aktivitäten, die keinen Wertbeitrag leisten. Diese, als Verschwendung oder auch Ersatzprozesse bezeichneten, Aktivitäten gilt es zu eliminieren, da sie häufig nur existieren, um Probleme und Schwierigkeiten zu umgehen.

"Die meisten Geschäftsprozesse enthalten bis zu 90% überflüssige Elemente und nur 10% werthaltige Aktivitäten."

Zur Erhebung der relevanten Anforderungen bieten sich die folgenden Methoden an: 

  • Interviews

  • Workshops

  • Fragebögen / Umfragen

Beschreibung der Anforderungen - Soll-Zustand 

Bisher haben Sie den Ablauf Ihrer Unternehmensprozesse dargestellt und beschrieben, die Optimierungspotenziale identifiziert und die Anforderungen an ein neues ERP-System gesammelt. Nun geht es darum, die gesammelten funktionalen Anforderungen im Detail zu beschreiben. Damit Ihre Dokumentation auch für Außenstehende verständlich ist, sollten Sie die relevanten Anwendungsfälle beschreiben. 

Bei der Ausarbeitung Ihrer Dokumentation sollten Sie die folgenden Hinweise berücksichtigen:

  • Anwendungsfälle in einer einheitlichen Struktur und in ganzen Sätzen beschreiben
  • die Bezeichnung der jeweiligen Anwendungsfälle sollte durch ein Substantiv und ein Verb gebildet werden, darüber wird verdeutlicht, was der Anwender bewirken soll
  • zur Vermeidung von Verwechslungen sollten die Akteure der einzelnen Prozesse konkret benannt werden 
  • optische Unterscheidung zwischen Arbeitsschritten einer Person sowie des Systems und der erzeugten Daten
  • die Beschreibung des jeweiligen Anwendungsfalls sollte maximal eine Seite lang sein
  • Lösungsneutrale Beschreibung der Anforderungen - beschreiben Sie lediglich das "Was" und das "Warum" 

Priorisierung der Anforderungen

Im letzten Schritt der Anforderungsanalyse sollten Sie die erhobenen Bedarfe priorisieren. Diese Maßnahme bietet Ihnen, aber auch dem zukünftigen ERP-Anbieter, eine bessere Orientierung und Entscheidungshilfe. Die folgende Unterteilung nach der MoSCoW-Methode hat sich aus unserer Sicht als besonders geeignet herausgestellt. Dabei handelt es sich um eine vierstufige Priorisierungsskala, welche zur Bewertung der Anforderungen herangezogen wird. 
 
M wie MUST
Muss-Anforderungen sind entscheidend für den Projekterfolg und sind essentieller Bestandteil des Projekts. Diese Art der Anforderungen sind auch als rechtlich verbindliche Anforderungen zu sehen. 
 
S wie SHOULD
Unter Should-Anforderungen versteht man notwendige Anforderungen mit hoher Priorität. Sind diese im Rahmen des Einführungsprojekts nicht umgesetzt wurden, kann das Projekt nicht uneingeschränkt als erfolgreich bewertet werden. Eine Abnahme des Projekts ist dennoch möglich. Zusammen mit den Muss-Anforderungen bilden diese beiden Kategorien den gesamten Leistungsumfang eines ERP-Projekts.
 
C wie COULD
Die Kann-Anforderungen werden auch als "nice-to-have" bezeichnet. Sie sind zwar nicht elementar wichtig, haben jedoch großen Einfluss auf die Zufriedenheit der Stakeholder. Anforderungen, welche ohne größeren Zeitaufwand umgesetzt werden können, sollten bei der Projektdurchführung mit einbezogen werden. Kann-Anforderungen sind in der Regel nicht zeitkritisch.
 
W wie WOULD 
Would-Anforderungen bilden keinen Beststandteil des ERP-Einführungsprojekts, sie werden lediglich in eine Ideenliste für spätere Projekte überführt. Mit dieser Vorgehensweise geraten diese weiteren Funktionswünsche nicht in Vergessenheit und können zu einem späteren Zeitpunkt neu bewertet werden.
 

Hinweis: Circa 60% der Anforderungen sollten in die Muss Kategorie fallen. Die restlichen 40% werden den Kategorien Should und Could zugeordnet. Sollten deutlich mehr als 60% der Anforderungen als Muss-Anforderungen definiert sein, laufen Sie Gefahr, dass doch wieder alle Anforderungen gleichermaßen priorisiert sind.

 

Fazit

Damit auch Ihr zukünftiges ERP-Projekt auf einem soliden Fundament basiert, sollten Sie die Durchführung einer Anforderungsanalyse unbedingt in Betracht ziehen. Da es nicht den einen vorgeschriebenen Weg gibt, ist es wichtig, die Gestaltung der Anforderungsanalyse individuell auf Ihre Unternehmung auszurichten. Wenn Sie dabei die Aspekte Identifizierung der Stakeholder, Ist-Analyse der bestehenden Prozesse, Optimierungspotential herausarbeiten, Beschreibung des Soll-Zustands und die Priorisierung der Anforderungen bei der Durchführung berücksichtigen, haben Sie bereits ein sehr gutes Gesamtbild geschaffen. 
Das Ergebnis der Anforderungsanalyse bildet dabei den elementaren Bestandteil eines ERP-Lastenhefts, welches Sie bei der Auswahl eines geeigneten ERP-Anbieters unterstützt. Erfahren Sie hier, wie Sie ein ausführliches ERP-Lastenheft mit vertretbaren Aufwand erstellen können.
 
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